Intimitätsproblem im 1. Babyjahr
Etwas verzweifelt frage ich hier mal um Rat, weil ich gerade in einem Konflikt feststecke und nicht so recht weiter weiß… Kurz mal die Gesamtsituation: mein Mann (30) und ich (28) sind letztes Jahr Eltern geworden. Unsere Tochter ist nun fast 10 Monate alt und diese Zeit mit ihr war wunderschön und doch natürlich auch anstrengend. Sie lässt sich seit ihrer Geburt nicht beim schlafen ablegen (wacht sofort auf) und ich schaffe es erst seit sie 5 Monate alt ist mich mehr oder weniger regelmäßig abends rauszuschleichen. So viel mal dazu… Zur Care Arbeit: ich bin Hauptverantwortliche, mein Mann macht von sich aus jetzt nicht so viel mit ihr, ich muss ihn da schon öfter mal zu auffordern und um Me-Time bitten. Morgen- und Abendroutine mache zu 90% ich, außer ich bringe sie ihm und sage, dass er es machen soll. Es ist aber so, dass wenn ich ihn um etwas bitte, er das auch ohne zu Meckern macht. Einschlafbegleitungen mache seit ihrer Geburt auch ausschließlich ich und wenn sie wach wird gehe dementsprechend auch ich zu ihr rein. Außerdem mache ich natürlich auch die Nächte komplett alleine, mein Mann schläft seit sie ca 4 Wochen alt ist nicht mehr bei uns, weil er arbeiten muss und sagt, dass er schlafen muss.
So weit so gut. Ich will mich da jetzt auch gar nicht großartig beschweren, ich bin super gerne Mutter und mache das alles von Herzen gerne. Ich bin allerdings auch nur ein Mensch mit einer gewissen Akkukapazität und so habe ich eben des Öfteren (zugegebenermaßen sehr oft) abends mal gesagt „komm ich bleib bei ihr liegen und lese oder schaue Serie und schlafe dann“ und bin dann eben nicht mehr runter gegangen um Zeit mit meinem Mann zu verbringen. Daher wurde es über die Zeit jetzt gefühlt mehr zu einer WG.
Und jetzt kommen wir zum eigentlichen Problem: mein Mann wirft mir vor, dass ich kaum Zeit mit ihm verbringe und er sich nicht geliebt fühlt und ihm außerdem das Körperliche schon sehr fehlt (sowohl Küsse, Umarmungen als auch natürlich der Sex). Und dass er förmlich immer drum betteln muss, um „auf seine Kosten“ zu kommen. Und natürlich kann ich seine Seite verstehen und ich möchte natürlich nicht, dass der Haussegen schief hängt und er unglücklich ist. Daher habe ich nun aktiv versucht etwas zu ändern und zu verbessern. Das sah dann so aus, dass ich den Vorschlag brachte, wir könnten uns abends zum Serie schauen treffen und die Zeit gemeinsam verbringen (und natürlich auch wieder regelmäßiger Sex haben). Das hat jetzt die letzte Zeit auch gut geklappt, ich finde man kann sich nicht beschweren, dass ca 4x pro Woche S* zu wenig sind. Aber das ist halt meine persönliche Meinung. Fast forward, 2 Wochen nach seinen Vorwürfen: ich komme abends runter, er sitzt die ganze Zeit wie auf glühenden Kohlen (ich denke ihr wisst was er will) und ich würde gerne einfach kurz entspannen nach der Einschlafbegleitung (die Kleine stillt immer zum einschlafen und braucht viel Körperkontakt, daher hätte ich dann gerne mal kurz meine Ruhe). Mein Abendablauf heute, den ich auch mit ihm kommuniziert habe, wäre folgendermaßen gewesen: Serie schauen, runterkommen, dann gemeinsam in sein Bett gehen usw..
Dann gings aber wieder los mit den Vorwürfen: er würde es gar nicht ansprechen wollen weils ja eh nix bringt (ich musste ihn x-mal fragen was los ist), er wisse nicht woran er ist und ihm fehle immer noch das Körperliche und er fühlt sich als würde er mich drängen müssen und als hätte ich keine Lust. Ist es so schwer zu verstehen, dass meine Lust nicht gerade größer wird, wenn er die ganze gemeinsame Zeit schwer atmend und merklich schlecht gelaunt da sitzt?
Die Fronten sind verhärtet: er wünscht sich die Zeit vor der Geburt zurück und macht mir eben jene Vorwürfe (ich weiß, zu viel Info, aber irgendwie doch wichtig zu erwähnen: wir hatten vor der Geburt quasi jeden Tag S*) Und ich versuche den Spagat zu meistern zwischen Bedürfnisse Baby und Bedürfnisse Mann befriedigen. Die Bedürfnisse meiner Tochter zählen für mich einfach mehr zählen, tut mir leid aber WIR haben uns dazu entschieden sie zu bekommen, nicht sie. Also hat sie mMn auch das Anrecht, ihre Bedürfnisse voll erfüllt zu bekommen. Zumal sie noch viel zu klein und hilfsbedürftig ist als dass man das nicht macht. Ja und ich sollte ja eigentlich nicht auf der Strecke bleiben, aber welch Überraschung das tue ich natürlich. Und jetzt liege ich hier im Bett und frage mich, ob ich mir tatsächlich zu wenig Mühe gebe oder er mich tatsächlich immer überreden muss oder was hier Sache ist.
Tut mir leid wegen des wahnsinnig langen Textes! Vllt hat jemand Ratschläge oder kennt die Problematik und hat Tipps für mich, wie und was ich kommunizieren könnte ohne die Situation zu verschlimmern.
Ach und natürlich habe ich ihm schon gesagt, dass mein Stress deutlich weniger wäre, wenn er mir mehr unter die Arme greifen würde was die Care-Arbeit angeht. zB auch mal ins Bett bringen, sie mir ungefragt einfach mal abnehmen, was mit ihr unternehmen, etc etc. Habe genügend Ideen gebracht.
Edit: Wow, ich hätte niemals mit so vielen Reaktionen gerechnet! Danke für den vielen Input, ich habe alle Kommentare gelesen und es beruhigt mich zu hören, dass nicht ich das Problem bin. Natürlich gehören immer zwei dazu und ich möchte mich auch nicht völlig freisprechen von Schuld/Verantwortung! Vor allem dankbar bin ich über die Sicht von anderen Männern/Vätern! Ich werde es nicht schaffen auf alle Kommentare zu antworten, das würde den Rahmen sprengen 🙈